Ohne die AfD können in Thüringen wichtige Gremien nicht besetzt werden. CDU und BSW streben einen Kompromiss an. Doch AfD-Fraktionschef Höcke stellt Bedingungen.
Erfurt. Mit Blick auf Verhandlungen über die Besetzung wichtiger Gremien im Thüringer Landtag pocht AfD-Fraktionschef Björn Höcke auf Einfluss bei der Verfassungsschutzkontrolle. Man lege Wert darauf, dass die stärkste Oppositionsfraktion selbstverständlich in der parlamentarischen Kontrollkommission vertreten sei, sagte Höcke bei der Landespressekonferenz in Erfurt. Der 52-Jährige machte klar, dass er dies auch als Teil einer möglichen Paketlösung zur Besetzung weiterer wichtiger Gremien des Landtags ansieht. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Viele Abgeordnete halten es deshalb für undenkbar, dass ein AfD-Vertreter in einem Gremium mitwirkt, dessen Auftrag es ist, den Inlandsgeheimdienst zu kontrollieren. «Niemals», sagte BSW-Fraktionschef Frank Augsten. Man werde verhindern, dass die AfD einen Sitz in der Kontrollkommission bekomme. Auch CDU-Fraktionschef Andreas Bühl reagierte zurückhaltend. «Ich sehe die AfD nicht in der parlamentarischen Kontrollkommission, weil das doch irgendwie der Aufgabe der Kommission in gewisser Weise widersprechen würde», sagte er. Die Abgeordneten im Thüringer Landtag stehen vor einem Dilemma. Seit Jahren scheitert die AfD im Parlament bei Wahlen für bestimmte Posten - etwa dem Amt des Landtagsvizepräsidenten. Zugleich sind aber wichtige Gremien ohne AfD-Vertreter nicht arbeitsfähig, zum Beispiel der Richterwahlausschuss und der Staatsanwältewahlausschuss. Ohne die Besetzung der beiden Gremien können in Thüringen keine Richter und Staatsanwälte auf Lebenszeit berufen werden. Für die Besetzung der Wahlausschüsse braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die AfD, die bei der Landtagswahl erstmals in einem Parlament stärkste Kraft wurde, kann diese mit ihrer Sperrminorität verhindern. CDU und BSW haben signalisiert, wenn es bei den beiden Justiz-Gremien Zugeständnisse der AfD gebe, könnten sie sich grundsätzlich vorstellen, einen AfD-Landtagsvizepräsidenten zu wählen. Allerdings will die AfD-Fraktion ihren Abgeordneten Jörg Prophet für diesen Posten zur Wahl stellen. Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, hatte Prophet in der Vergangenheit unter anderem Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Auch im Thüringer Verfassungsschutzbericht 2021 wurde ein Text von Prophet als Beispiel für die «geschichtsrevisionistische Agenda» der AfD angeführt. SPD und Linke bekräftigten, keinen AfD-Abgeordneten zum Landtagsvizepräsidenten wählen zu wollen. Linke-Fraktionschef Christian Schaft bezeichnete Prophet als Kandidaten als «völlig inakzeptabel». «Wir begehen am Montag den 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz - und dann wenige Tage später einen Herren wie Herrn Prophet zum Vizepräsidenten des Thüringer Landtags zu machen, ist für uns völlig inakzeptabel», sagte Schaft.Thüringer Dilemma
Umstrittener Kandidat
Linke: AfD-Kandidat inakzeptabel
(dpa/th)
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