Sie sollen Sachbearbeiter unter Druck gesetzt haben, um Zahlungsforderungen abzuwehren: Gegen zwei mutmaßliche Rädelsführer einer Reichsbürger-Gruppe gibt es jetzt eine Anklage.
Mühlhausen. Gegen zwei mutmaßliche Rädelsführer einer Reichsbürgergruppe hat die Staatsanwaltschaft Mühlhausen Anklage erhoben. Den beiden 54 und 52 Jahre alten Männern wird unter anderem die Bildung einer kriminellen Vereinigung sowie Rädelsführerschaft vorgeworfen, wie ein Behördensprecher sagte. Zuvor hatte MDR Thüringen darüber berichtet. Zudem werde Ihnen versuchte Nötigung und versuchte Erpressung in besonders schwerem Fall zur Last gelegt. Laut Staatsanwaltschaft sollen sie als mutmaßliche Reichsbürger über Jahre Mitarbeiter in Thüringer Behörden mit Droh- und Erpressungsschreiben überzogen haben, um sich so staatlichen Zahlungsverpflichtungen zu entziehen und die Behörden lahmzulegen. Dem 54-Jährigen aus Mühlhausen wirft die Staatsanwaltschaft 263 Fälle und dem 52-Jährigen aus Erfurt 51 Fälle vor. Gegen zwölf andere Beschuldigte liefen die Ermittlungen noch, hieß es. Die sogenannten Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht an. Die Gruppierung soll sich basierend auf einer gemeinsamen ideologischen staatsablehnenden Grundhaltung zusammengeschlossen haben, um insbesondere eine steuerrechtliche Sonderrechtsordnung zu schaffen, erklärte die Staatsanwaltschaft. So seien Schreiben und Zahlungsforderungen von Finanzbehörden und Justiz mit eigenen, organisatorisch eng abgestimmten Mahn- und/oder Forderungsschreiben in Millionenhöhe als für sie nicht bindend abgelehnt worden. Die entsprechenden - teilweise täglich eingereichten - Schreiben sollten den jeweiligen Sachbearbeiter dazu bewegen, von der Geltendmachung der gegenüber den Beschuldigten bestehenden Forderungen Abstand zu nehmen, hieß es. Die Vereinigung sei dabei arbeitsteilig organisiert gewesen. Ziel sei die systematische Einschüchterung von Gläubigern und Behördenmitarbeitern gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Unter der Führung der Angeschuldigten kamen den Mitgliedern der Gruppe verschiedene Aufgaben wie Sekretariats- und Netzwerkarbeit, Beobachtung von Gerichtsverhandlungen sowie Aufbau von Finanzierungsstrukturen zu. Den Forderungen sei außerdem durch Drohungen und Anschläge bis in den Privatbereich der Mitarbeiter Nachdruck verliehen worden, hieß es. Dem 54-Jährigen wirft die Staatsanwaltschaft außerdem Steuerhinterziehung in besonders schwerem Fall vor. Dabei gehe es um eine unterlassene Umsatzsteuervoranmeldung für Edelmetallgeschäfte und um eine Schadenssumme von mehr als einer halben Million Euro. Ferner habe die Thüringer Finanzverwaltung bislang gegen ihn bestandskräftige Steuerforderungen in Millionenhöhe nicht erfolgreich vollstrecken können, hieß es. Zudem stünden weitere Ermittlungen gegen den 54-Jährigen wegen Wirtschaftsstraftaten vor dem Abschluss, hieß es. Die beiden Männer sitzen seit Mai vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Mit einem Prozessbeginn gegen sie vor dem Landgericht Mühlhausen wird im Fall der Zulassung der Anklage noch im Februar gerechnet. Die federführend durch den Staatsschutz der Kriminalpolizei Nordhausen geführten Ermittlungen haben zudem Kontakte der Angeschuldigten zu führenden Personen von bundesweit agierenden mutmaßlich terroristischen Reichsbürgervereinigungen wie den «Vereinten Patrioten» oder der «Patriotischen Union» ans Tageslicht befördert.Behördenmitarbeiter unter Druck gesetzt
Systematische Einschüchterung durch arbeitsteilige Organisation
Untersuchungshaft und Verbindungen zu anderen Gruppierungen
(dpa/th)
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