Mit ihrer Sperrminorität im Parlament kann die AfD in Thüringen wichtige Entscheidungen verhindern. Thüringens neuer Ministerpräsident mahnt Lösungen im Landtag an.
Erfurt. Angesichts der Blockademöglichkeit der AfD bei der Besetzung wichtiger Gremien hat Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt dafür geworben, Lösungen im Parlament zu finden. «Wir dürfen nicht zulassen, dass in der Justiz fünf Jahre lang kein Richter oder Staatsanwalt berufen werden kann», sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Es gebe eingeübte Gesprächsformate der parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen im Landtag. «Dort gehört es hin», sagte er. Hintergrund ist die Sperrminorität der AfD im Thüringer Landtag. Die vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte Partei war bei der Landtagswahl am 1. September erstmals stärkste Kraft in einem Bundesland geworden. Zudem erreichte die AfD mehr als ein Drittel der Sitze im Landtag und damit eine Sperrminorität. Entscheidungen, die das Parlament mit Zweidrittel-Mehrheit treffen muss, können nun von der AfD blockiert werden. In Thüringen ist das zum Beispiel bei der Besetzung wichtiger Gremien der Fall, ohne die keine Richter auf Lebenszeit oder Staatsanwälte berufen werden können. Die Besetzung der Gremien gilt auch deshalb als wichtig, weil Thüringen in der Justiz eine Pensionierungswelle droht. Voigt sagte: «Wenn es der AfD ernst ist, in Thüringen nicht nur zu blockieren, sondern auch etwas nach vorne zu bringen, dann sollte sie sich Lösungsangeboten auch nicht verwehren.» Der 47-Jährige führt in Thüringen eine ungewöhnliche Koalition aus CDU, BSW und SPD an, die im Landtag keine eigene Mehrheit hat. Das Brombeer-Bündnis kommt im Parlament auf 44 von 88 Sitzen, ebenso wie die Linke und die AfD in der Opposition. Es besteht also ein Patt. Voigt sagte, er sei zuversichtlich, dass Mehrheiten auch für die Haushalte zustande kommen. Er verwies auf das neue Konsultationsverfahren, mit dem die Opposition stärker eingebunden werden soll. «Ich kann mir gut vorstellen, dass wir in der Regierung Eckpunkte formulieren und zügig dem Parlament zuleiten und darum bitten, Ideen einzubringen. So bekommen wir einen neuen Dialog zwischen dem Parlament und der Regierung hin - immer unter dem Maßstab der Gewaltenteilung», erläuterte Voigt. Das Verfahren könne schriftlich ablaufen. Zudem soll es ein monatliches Gespräch mit der Linken auf Ebene der parlamentarischen Geschäftsführer geben. «Es gibt in Thüringen eine hohe Dialogbereitschaft, aber klar ist: Das, was im Regierungsvertrag steht, ist die politische Agenda von CDU, BSW und SPD», betonte der neue Ministerpräsident. Die Linke hatte Voigt bei der Wahl des Ministerpräsidenten ins Amt verholfen, aber zugleich klargestellt, dass dies für die Zukunft kein Blankoscheck sei. Linke-Fraktionschef Christian Schaft betonte etwa, dass die Linke etliche der Pläne der Brombeer-Koalition im Bereich der Migrationspolitik nicht mittragen wolle. Voigt sagte: «Es gibt viele Dinge, für die man gar keinen Parlamentsbeschluss braucht.»AfD hat Sperrminorität
Opposition soll Ideen einbringen
(dpa/th)
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